100 Jahre Waldstadion
Eine Heimat großer Momente
Die Eröffnung des Frankfurter Stadions im Mai 1925 war ein Meilenstein in der Sportgeschichte der Stadt. Mit seiner mit weißem Muschelkalk verblendeten Tribüne war es eine architektonische Sensation. Nicht zuletzt, weil die Frontseite zum Spielfeld an ein antikes griechisches Theater erinnerte. Sie war nicht nur Zuschauerterrasse, sondern auch als Hintergrund und künstlerische Basis für choreografische Darstellungen nutzbar, und steht seit bald 100 Jahren für weit mehr als Fußballwunder und Adlerherzen, ist vielmehr auch Sport- und Begegnungsstätte.
100. Geburtstag
100 Jahre Stadiongeschichte – Einst und Heute
Seit der Stadioneröffnung 1925 hat sich vieles verändert. Der Sommerweg als Zugang ist geblieben, doch sonst ist kaum etwas wie früher. 1925 waren zur Eröffnung die Boca Juniors zu Gast, 1975 fiel die Feier bescheidener aus. Während die Bierbuden einst liebevoll gestaltet waren, wurden sie später funktionaler. In den 1950ern wurde das Spielfeld tiefergelegt, 2002 folgte der Abriss und Neubau.
Der Sommerweg als Zugang zum Stadion ist 1925 derselbe wie heute. Ansonsten hat sich seit 1925 eigentlich alles geändert. Übrigens sollen die Stelen, die heute links und rechts des Stadions stehen, auch an die abschließenden Türmchen von 1925 erinnern. Die nannte man damals wohl „Wächter der Haupttribüne“.
Als das Stadion 1925 eröffnet wurde, kam kein Geringerer als Argentiniens Meister nach Frankfurt. Die Boca Juniors siegten gegen eine Mainauswahl mit 2:0. Weitaus nüchterner ging es 1975 zu, als der 50. Geburtstag des Stadions gefeiert wurde. Und dann endete das Spiel der SGE auch noch nur 1:1. Wenigstens das Windhunderennen war ein Riesenerfolg. So zumindest die Hoffnung.
1925 wurde die Bierbude noch liebevoll zwischen den Bäumen eingepasst und mit viel Werbung versehen. Aber ehrlich gesagt ist gar nicht überliefert, ob es in der wunderschönen Bude hinter den Trainingsplätzen neben Wrigley, Kronthal-Mineralwasser und Bulgaria- sowie Abdulla-Zigaretten überhaupt Bier gab. In den 1990er Jahren waren die Bierbuden dann weitaus funktionaler. Da gab’s dann aber kein Wrigley mehr …
Um das Stadion größer zu machen, hat man in den 1950er Jahren einfach das Spielfeld tiefergebaggert. Dann die Haupt- und Gegentribüne sowie die Stehplätze nach unten verlängert – fertig war das 90.000-Mann-Stadion, das nie voll war. 2002 kamen die Bagger und machten sich am Gebäude zu schaffen. Das Platzniveau blieb diesmal erhalten.
Schon an den Längsschnitten erkennt man, was die Stunde geschlagen hat. Während auf der Bauzeichnung von 1925 sorgsam die Säulen und Reliefs am Gebäude eingezeichnet wurden, glänzt der 1970er-Jahre-Bau durch: nix. Funktional halt. Lediglich die Treppenhäuser links und rechts des Gebäudes, die einen Zugang zum Oberrang ermöglichten, verleihen der Haupttribüne von 1974 ein wenig Charme. Dem Publikum war’s egal, im neuen Stadion gab es überdachte Sitzplätze!
1925 war das Stadion nur von außen beleuchtet. Eine Flutlichtanlage für das Spielfeld baute die Stadt erst 1959, damit die Eintracht ihre Europapokalspiele absolvieren konnte. Die Masten, die erst im Rahmen des Neubaus 2002 weichen mussten, wurden bis in die 1980er Jahre von Anhängern als Premiumplätze genutzt. Wie übrigens auch immer wieder die Bäume zwischen G- und H-Block. Das Foto stammt vom letzten Spieltag der Saison 1970/71, als Gladbach in Frankfurt gewann und zu allem Überfluss auch noch Meister wurde. Uns war das egal, wir hatten eine Woche zuvor den Klassenerhalt auf dem Bieberer Berg gesichert.
Zur WM 1974 wurde in der Gästekurve eine topmoderne Anzeigetafel gebaut. Die hatte zwar ihre Macken, weil immer Lampen leuchteten, die nicht leuchten sollten. Aber sie erfüllte ihren Zweck, auch für Werbung in der Halbzeitpause. 1988 bekam der digitalste Bundesligist (wir, wer sonst!) dann eine Videomatrix-Wand in der Nordwestkurve. Die alte Anzeigetafel wurde demontiert und in den Osten verscherbelt. Auf den Sockel kam Werbung. Und aus den Erfrischungen wurde der Stadion-Snack!
Heute sind Choreografien minutiös geplant, bunt und voller Überraschungen. Als Beleg dafür dient die Europapokal-Choreo vor dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg 2013. Nach der Choreo werden die liebevoll gemalten Fahnen wieder eingesammelt und später wiederverwertet. Nachhaltigkeit nennt man das, so läuft das! In den 1920er Jahren stand es um die Disziplin in der Fankurve noch nicht so gut. Kaum hatte ein Eumel seine Fahne in Richtung Platz geworfen, haben alle anderen nachgezogen. Und dann stand die Kurve bedröppelt da – und die Wink-Elemente steckten im Schnee.
Heute verfolgt man die Spiele im Business-Bereich auf angenehmen Kunstledersesseln, wenn es kalt wird, kann man in der Loge bleiben. Die Beinfreiheit auf dem Balkon ist etwas eingeschränkt, zugegeben, das ist Jammern auf hohem Niveau. Aber wenn man sich mal das Foto von 1925 anschaut, sieht man, dass die Gäste auf der VIP-Tribüne damals wirkliche Beinfreiheit hatten. Was noch auffällt: Schwenkfahnen und Doppelhalter auf der Haupttribüne. Damals selbstverständlich, heute eher die Ausnahme.
Keine historische Bildgalerie ohne Parkplatzfotos. Auf dem Bild von 1938 sieht man, dass die Lage damals auch schon angespannt war, die Autos und Motorräder wurden aber diszipliniert abgestellt. Ganz anders vor dem Spiel gegen die Bayern 1974. Da sind recht viele Parkplätze echt in Stadionnähe. Aber das Gefährt direkt vor dem Aufgang zu Block A abzustellen, war vielleicht damals schon nicht so eine gute Idee.
Bauzeichnungen zeigen den Wandel: 1925 mit Säulen und Reliefs, 1974 funktional und schlicht. Das Flutlicht kam erst 1959, die Masten blieben bis 2002 und dienten Fans als Premiumplätze. Zur WM 1974 gab es eine neue Anzeigetafel, 1988 dann die erste Videowand. Choreografien waren früher chaotisch, heute sind sie durchdacht und nachhaltig. Während VIP-Gäste 1925 reichlich Beinfreiheit hatten, sitzt man heute auf Kunstledersesseln mit Logenkomfort. Die Parkplatznot war schon 1938 ein Thema, und auch 1974 wurde teils fragwürdig geparkt. Das Stadion ist im Wandel geblieben – und doch ist seine Magie unvergänglich.
1925: Eröffnung
Das Waldstadion wurde nach Entwürfen von Gartenbaudirektor Max Bromme (Gesamtanlage) und Stadtbaurat Gustav Schaumann (Tribüne) errichtet. Es kostete 3,7 Millionen Mark (heute knapp 1.892.000 Euro) und wurde am 21. Mai 1925 offiziell eröffnet. Die Haupttribüne aus Stahlbeton war im Stil eines antiken griechischen Theaters gestaltet.
Im Nationalsozialismus wurde das Stadion auch für politische Propaganda genutzt und in „Sportfeld“ umbenannt. Nach Kriegsende beschlagnahmten die Alliierten die Anlage und nannten sie zunächst „Victory-Park“.
1955: Erster Umbau
Nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmte die US-Besatzungsmacht das Gelände und nutzte es als „Victory Park“, bis es 1950 wieder an Frankfurt zurückfiel. Wegen hoher Zuschauerzahlen und Kapazitätsgründen wurde das Stadion auf 87.200 Plätze erweitert, davon 16.000 Sitzplätze und 71.200 Stehplätze. Die Wiedereröffnung als zweitgrößtes Stadion Deutschlands fand 1955 statt.
1972: Zweiter Umbau
Für die Fußball-WM 1974 war ein umfassender Umbau nötig. Der zweite große Umbau begann 1972, wobei der Begriff „Umbau“ angesichts der Modernisierung als Untertreibung galt. Das Stadion wurde in einen größeren Sportkomplex integriert und fasste nun 60.000 Zuschauer.
2005: Das „größte Cabrio der Welt“
Anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 2006 wird die Arena weitgehend abgerissen und neu aufgebaut. Ein markantes Merkmal der 51.500 Zuschauer fassenden Spielstätte ist das riesige Zeltdach, das in 20 Minuten über dem Spielfeld geschlossen werden kann und beim Confed Cup 2005 erstmals zur Anwendung kam.
2020: Der Deutsche Bank Park
Als Eintracht Frankfurt am 1. Juli 2020 Hauptmieter des Deutsche Bank Park wird, beginnt die schrittweise Erweiterung auf mittlerweile 58.000 Besucher. Die Nordwestkurve beherbergt aktuell die zweitgrößte Stehplatztribüne der Bundesliga, das Stadion erstrahlt in den Vereinsfarben mit bis zu 38.000 schwarzen Sitzplätzen und dem „Eintracht vom Main“-Schriftzug auf der Jürgen-Grabowski-Tribüne.
Vortragsreihe: 100 Jahre Stadion Frankfurt
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100 Jahre Waldstadion
Wissenswertes zum Waldstadion
1. Gedanken an ein Waldstadion
Hauptursächlich für die Idee, in der Nähe des Oberforsthauses auf dem Gelände einer ehemaligen Militärschießanlage einen Sportpark zu errichten, waren die ersten Olympischen Spiele der Neuzeit, die 1896 in Athen stattgefunden hatten. In Frankfurt gab es 1897 erste Diskussionen, derlei Sportbegeisterung am Mainestrand eine Bühne zu bieten. Daraus wurde zwar nichts, aber der Sport hatte sich trotzdem mehr in den gesellschaftlichen Vordergrund gedrängt. Der Erste Weltkrieg von 1914 bis 1918 beendete allerdings erst einmal alle Gedankenspiele wohlhabender Frankfurter Bürger abrupt.
Dem Krieg folgte ein Sportboom, der die Mitgliederzahlen aller Vereine nach oben katapultierte. Die Stadt Frankfurt reagierte 1920 mit der Bildung eines „Stadtamtes für Leibesübungen“, welches sich um den neuen Trend kümmern sollte. Dort entstanden auch erste konkrete Planungen für einen neuen Sportpark, für den nach längerer Suche schließlich der Platz im Stadtwald auserkoren wurde. Am 25. August 1921 beschloss die Stadtverordnetenversammlung im Römer dessen Bau. Geplant wurden zunächst auf dem 42 Hektar großen Gelände das eigentliche Stadion mit 37.000 Zuschauerplätzen, ein Turn- und Festplatz, ein Radstadion sowie ein Schwimmbad. Doch Finanzkrisen, Inflation und Währungsreform brachten die Arbeiten zunächst ins Stocken. Die Bauarbeiten bekamen mit dem Beschluss neuen Schwung, die erste internationale Arbeiterolympiade 1925 in Frankfurt auszurichten.
2. Waldstadion im Wandel
Die Entwürfe stammten von Gartenbaudirektor Max Bromme für die Gesamtanlage und von Stadtbaurat Gustav Schaumann für das Tribünengebäude. Die Gesamtkosten betrugen 3,7 Millionen Mark. Die Tribünen bestanden überwiegend aus Erdaufschüttungen unter Miteinbeziehung des ehemaligen Kugelfangs für die Südtribüne. Lediglich die Haupttribüne an der Nordseite bestand aus Stahlbeton und hatte eine einem antiken griechischen Theater nachempfundene Fassade.
Am 21. Mai 1925 wurde das Stadion, bestehend aus einem 120 Meter langen Tribünen- und Verwaltungsgebäude sowie dem von einer 500 Meter langen Laufbahn umgebenen Rasenplatz, offiziell eröffnet.
Nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmte die amerikanische Besatzungsmacht das gesamte Areal im Stadtwald, benannte es um in Victory Park und ließ nur selten Sportveranstaltungen zu, ehe die Radrennbahn, die Tennisanlagen und die Wintersporthalle im Jahr des Deutschen Turnfestes 1948 zurück in Frankfurter Hand ging. Am 7. Juni 1950 zog sich die Siegermacht komplett zurück, Frankfurt hatte seinen Sportpark namens Waldstadion wieder. Aus Kapazitätsgründen plante das Gartenamt 1953 eine deutliche Erweiterung, nachdem am 17. Mai beim Spiel der Eintracht gegen den 1. FC Kaiserslautern fast 70.000 Karten für die Arena mit ihren 55.000 Plätzen verkauft worden waren. Rund 200 verletzte Stadionbesucher waren die Folge. Das neue Stadion sollte laut Plan Platz für 87.200 Zuschauer bieten, davon 16.000 Sitzplätze und 71.200 Stehplätze. Am 14. Mai 1955 wurde das zweitgrößte Stadion Deutschlands mit einem großen Programm eingeweiht.
Der zweite große Umbau des Waldstadions wurde zur Fußballweltmeisterschaft 1974 erforderlich. Nach der erfolgreichen Bewerbung als Ausrichterstadt 1968 verging ein Jahr, um die notwendig gewordenen Modernisierungsmaßnahmen am letztmals bis 1955 sanierten Waldstadion auszuarbeiten. Der Startschuss des Ausbaus erfolgte nach diversen Zwistigkeiten 1972. Dann aber gab es kein Zurück mehr. Oder wie aus dem Programmheft „Das Frankfurter Waldstadion“ anlässlich der offiziellen Eröffnung am 27. März 1974 zu entnehmen ist: „Das Wörtchen Umbau, unter dem die Arbeiten […] firmierten, ist vornehmes Understatement angesichts dessen, was tatsächlich geschah. Der Begriff Neubau würde den Kern der Dinge eher treffen.“
Das Gemeinschaftswerk des Dezernats Soziales und Freizeit, des Sport- und Badeamts und der Stadion GmbH hoben ihrerzeit hervor: „Hier ist nicht eine 60.000-Mann-Arena beziehungslos in die Landschaft gesetzt worden, sondern hier ordnet sie sich in einen ganzen Sportkomplex ein, der allen offensteht und der alle ansprechen soll.“
Anlass für die nächste Modernisierung, die rückblickend einmal mehr eher einem Neu- als einem Umbau gleichkam, war die Fußballweltmeisterschaft 2006. Stück für Stück, Seite für Seite, wurden die alten Ränge und Tribünen abgerissen und durch neue ersetzt. Das Waldstadion wurde ein reines Fußballstadion, die alte Laufbahn entfiel, die Zuschauer rückten dadurch ein ganzes Stück ans Spielfeld. In die Haupttribüne wurden 76 Logen, 2200 lederne Business-Seats und große VIP-Räume eingebaut. Der Komfort für zahlungskräftige Besucher erhöhte sich enorm, zumal unter der Arena eine riesige Tiefgarage rund 1800 Autos Platz bot.
Ein weiteres bis heute erhaltenes Merkmal war das riesige Zeltdach, das in knapp 20 Minuten über dem Spielfeld geschlossen werden kann. Die Rede war allenthalben vom „größten Cabrio der Welt“, das am 15. Juni 2005 mit dem Confed-Cup-Eröffnungsspiel zwischen Deutschland und Australien das Licht der Fußballwelt erblickte.
Als Eintracht Frankfurt 1. Juli 2020 Hauptmieter des nun Deutsche Bank Park heißenden Stadions wurde, war dies zugleich der Startschuss, die Spielstätte Schritt für Schritt für aktuell 58.000 Besucher zugänglich zu machen, in der Nordwestkurve aus drei Rängen zwei und daraus die zweitgrößte Stehplatztribüne der Bundesliga zu machen sowie das sportliche Zuhause in den Vereinsfarben zu gestalten. Bis zu 38.000 Sitzplätze erstrahlen im neuen, schwarzen Design, die Treppen sind weiß gestrichen. Eines der visuellen Prunkstücke ist der neue Look der Jürgen-Grabowski-Tribüne, wo die auf dem Unter- und Oberrang in Weiß gehaltenen Plätze den Schriftzug „Eintracht vom Main“ erzeugen.
3. Eintracht im Waldstadion
Dass Stadion und Verein so sehr eins sein würden wie heute, war vor 100 Jahren undenkbar. Das erste große Fußballspiel im Stadtwald bestritt nicht einmal Eintracht, sondern der FSV Frankfurt: am 7. Juni 1925 das Finale um die Deutsche Meisterschaft, das der 1. FC Nürnberg nach Verlängerung 1:0 gewann.
Ansonsten rollte der Ball ganz lange hauptsächlich am Bornheimer Hang und am Riederwald. Ausnahmen bestätigen jedoch die Regel: Endrunde um die Deutsche Meisterschaft 1959 und der ewige Eintracht-Zuschauerrekord mit 81.000 Besuchern gegen Pirmasens oder das Abschiedsspiel für Jürgen Grabowski im Oktober 1980 vor 45.000 Zuschauern.
Bei Grabis letztem Tanz war die Eintracht schon dauerhaft in den Stadtwald umgezogen, das geschah mit Gründung der Bundesliga 1963. Der Riederwald blieb einzig als Trainingsgelände erhalten. Nach einem Zwischenhoch Anfang der 1990er Jahre ließ die Anziehungskraft spürbar nach, was auch den Abstiegen 1996, 2001 und 2004 geschuldet war. Mit dem dritten Umbau bis 2005 gingen die Besucherzahlen wieder nach oben, was der nach der Jahrtausendwende finanziell gebeutelteten Fußball AG weiter auf die Beine half. UEFA-Cup-Begegnungen gegen Bröndby, Palermo und Newcastle taten ihr Übriges. Vom fußballerischen Höhenflug der Neuzeit ganz zu schweigen. Berauschende Europapokalabende und eindrucksvolle Choreografien sind mittlerweile über die Landesgrenzen hinaus ein Begriff.
4. Fußball im Waldstadion
Beispielhaft für die Symbiose auf vielen Ebenen: Nicht nur die Männer, auch die Frauen haben in den vergangenen Jahren im Deutsche Bank Park eine Bühne für Bundesliga-Topspiele und Champions-League-Auftritte gefunden. 2022 stellten die Adlerträgerinnen gegen den FC Bayern mit 23.200 Zuschauern einen neuen Rekord in der Frauen-Bundesliga auf.
Schon 2008 hatten die Frauen des 1. FFC Frankfurt hier zum dritten Mal den UEFA-Cup gewonnen und stellten gegen Umeå IK mit 27.500 Zuschauern einen neuen Rekord im Vereinsfußball der Frauen auf. Sowohl der SV Wehen Wiesbaden als auch der FSV Frankfurt zogen in den Stadtwald um, als ihre eigenen Stadien umgebaut wurden. Der 1. FSV Mainz 05 bestritt die Qualifikationsspiele zum UEFA-Pokal 2005/06 und das Erstrunden-Match gegen den FC Sevilla im Waldstadion.
Selbst der türkische Verband wich mehrmals nach Frankfurt aus, als er wegen einer UEFA-Strafe Qualifikationsspiele zur Europameisterschaft 2008 nicht im eigenen Land austragen durfte. Stark besucht waren auch das öffentliche Training der deutschen Fußballnationalmannschaft im November 2007 mit 31.000 Zuschauern und das Frauenländerspiel zwischen Deutschland und Brasilien vor 44.000 Zuschauern, seinerzeit europäischer Rekord im Frauenfußball. Allein die Männernationalmannschaft trug seit 1930 26 Länderspiele im Stadtwald aus, das bisher letzte im Rahmen der EURO 2024 gegen die Schweiz.
5. Sport im Waldstadion
Die eingangs skizzierte Entstehungsgeschichte lässt erahnen, dass die schönste Nebensache der Welt, der Fußball, nicht die Hauptsache war. Dort, wo sich heute die Trainingsplätze befinden, war eine riesige Fest- und Spielwiese entstanden, an dem sich das Stadionhotel anschloss. Das Schwimmbad mit einem 100 Meter langem Schwimm- und einem 18 Meter langem Sprungbecken öffnete am 5. Juli, zum Wahrzeichen des Bades wurde der Zehnmeterturm.
Das für rund 20.000 Zuschauer ausgelegte Radstadion wurde im September 1925 eingeweiht. Neben den Wettkämpfen in Fußball, Wassersport oder Turnen gehörte ein „Tag der Massen“, bei dem sich Vertreter der verschiedenen Gruppen des Arbeitersports präsentierten, dazu. Zusätzliche Erweiterungen folgten: An der südwestlichsten Ecke des Areals auf dem ehemaligen Reitplatz 1927 die Wintersporthalle mit angrenzender 400-Meter-Laufbahn, 1928 eine Tennisanlage mit zwölf Hart-, zwei Rasen- und einem zentralen Turnierplatz, der 1989 und 1991 neugestaltet wurde.
Bis 1940 zählte der Betreiber, die 1925 gegründete Stadion GmbH, rund 890.000 Zuschauer – weitgehend wie gesagt ohne regelmäßige Fußballbegegnungen.
Seit 1960 war es möglich, im Innern der Radrennbahn auch eiszulaufen. Zur Verfügung standen zwei miteinander verbundene Eisflächen von je 60-mal 30 Metern, die auch dem Breitensport dienten. Im selben Jahr entstand nach dem Abriss des Waldtheaters an der Stelle ein Hockeyplatz, der 1996 zur Golf-Übungsanlage wurde und heute als TV-Compound genutzt wird. Selbst Bogenschießen und teils Motorradrennen waren möglich.
Die Sportstätten im Stadtwald waren dermaßen tauglich, dass hier etwa die Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften 1955 und 1976 stiegen. Heute dienen die Eingangstore regelmäßig zum Start- und/oder Zielpunkt diverser Laufveranstaltungen.
1991 fasste mit Frankfurt Galaxy erstmals ein American-Football-Team für 16 Jahre Fuß im Stadion. Selbst nach der Auflösung des Teams 2007 flitzte weiter regelmäßig das Ei umher: Endspiel des German Bowl 2008 bis 2010, American-Football-EM 2010; 2023 diente der Deutsche Bank Park gar als Ausrichter zweier NFL Games.
Und ein nächstes Highlight naht: Am 4. Januar stieg das DEL WINTER GAME zwischen den Löwen Frankfurt und Adler Mannheim.
Nicht zu vergessen die 2005 sanierte und 2024 modernisierte Wintersporthalle, die auf der einen Seite Hockey, Handball, Volleyball oder Fußball ermöglicht und nunmehr festes Trainingszentrum der Fußballfrauen ist.
6. Begegnungen im Waldstadion
„Der Sportpark im Stadtwald gilt bereits seit 1925 als Begegnungsstätte, unser Fußball muss für alle zugänglich und bezahlbar bleiben. Gemeinsam mit der Stadt Frankfurt gelingt es uns, auf diese Weise ein Anziehungspunkt und Leuchtturm in der Region zu bleiben“, erklärte Vorstandssprecher Axel Hellmann im August 2020 im Rahmen der symbolischen Schlüsselübergabe an den neuen Hauptmieter Eintracht Frankfurt. Wohl wahr! Zwischen 1950 und 1973 fanden 17.911.000 Menschen den Weg in den Stadtwald. Die Mehrheit gar nicht mal als Zuschauer, sondern als aktive Sportler. Zur Erinnerung: Hier ist nicht allein die Rede von der damals sogenannten Hauptkampfbahn, die neben dem Fußball auch der Leichtathletik eine sportliche Heimat bot, sondern die Anlage umfasste auch ein Schwimmbad, eine Kunsteisbahn, eine Bogenschießanlage, eine Kleingolfanlage, Hockeyplätze, Tennisplätze, eine Radrennbahn und wie auch heute die Wintersporthalle.
Weiteres Beispiel gefällig: Während den 15 Jahren unter dem Dach der zur multifunktionalen Allzweckwaffe erneuerten Vorgängerarena fanden hier 555 Großveranstaltungen statt. Damit war die Arena in diesem Zeitraum eine der bestausgelasteten in Europa, wenngleich der Fußball immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. 2018/19 stellten Eintracht-Fans mit einem Zuschauerschnitt von 49.700 einen neuen Klubrekord auf. Auch im 21. Jahr seit dem Umbau zum Multifunktionsstadion bietet insbesondere die Fußballpause im Sommer wieder zahlreiche Highlights, zum Beispiel die Konzerte von Bruce Springsteen am 18. Juni und Robin Williams am 10. August.
Mit Blick auf die Gegenwart schickt sich der Stadtwald mit dem Stadion als Magneten an, an die Ansprüche der Vergangenheit zurück zu tasten. Ein Trimm-Dich-Pfad lädt frei zugänglich zur körperlichen Ertüchtigung ein, auf dem Sommerweg können Besucher Mijat Gacinovics Lauf zum DFB-Pokalsieg 2018 detailgetreu nachsprinten, am 5. Januar ist Eislaufen im Stadion möglich und derzeit entsteht im hessischen Dickicht ein neuer Kletterpark.
7. Weltrekorde im Waldstadion
Gepurzelt sind dagegen weitere Bestmarken. Erstens sportlich: Am 12. August 1939 stellte Rudolf Harbig mit 46,0 Sekunden einen neuen Weltrekord über 400 Meter auf. Knapp drei Wochen später begann der Krieg, dem auch Feldwebel Harbig 1944 an der Ostfront zum Opfer fiel.
Zweitens organisatorisch: 2016 taten sich 7548 Musiker zusammen und stellen in Frankfurt als „größtes Orchester der Welt“ einen neuen Weltrekord auf. 2014 sorgten 44.189 Menschen beim Tag des Handballs als Besucher der Bundesligapartie zwischen den Rhein-Neckar Löwen und Hamburg für einen neuen Weltrekord des eigentlichen Hallensports. Für die dann größte Zaubershow weltweit mit den Ehrlich Brothers besorgten sich 2016 exakt 38.503 Menschen Tickets. 2024 fand in der Mainmetropole Frankfurt zum ersten Mal ein MMA-Kampfabend in einem Bundesligastadion statt. 59.000 Zuschauern stellten prompt einen neuen Weltrekord auf.
8. Die Welt zu Gast im Waldstadion
Kämpfen der Neuzeit steht das erste internationale Event vor 100 Jahren gegenüber, als vom 24. bis 28. Juli 1925 3000 Sportler aus elf Ländern an der Arbeiterolympiade teilnahmen.
1927 boxte Max Schmeling gegen den Dänen Robert Larsen, 20 Jahre später folgte nach dem Zweiten Weltkrieg das Comeback in Frankfurt mit einem K.-o.-Erfolg gegen Werner Vollmer. Unvergessen im Ring auch der Schwergewichts-WM-Kampf zwischen Muhammad Ali und Karl Mildenberger am 10. September 1966. Am 11. September 2010 boxte Wladimir Klitschko gegen Samuel Peter um die Weltmeisterschaft im Schwergewicht.
International ist auch das Stichwort mit Blick auf den seinerzeit größten Titel der Fußballer: der UEFA-Pokal, 1980 in zwei Endspielen ausgetragen – das zweite gegen Borussia Mönchengladbach eben in Frankfurt, als die Hessen mit dem 1:0 das 2:3 aus dem Hinspiel wettmachten und dank der Auswärtstorregel den Titel nach 90 Minuten sicher hatten. 47 Jahre später im Jahr 2027 wird an selber Stelle erstmals ein Europapokalfinale auf neutralem Boden in Frankfurt stattfinden: das der Europa League.
Große Namen traten hier nicht nur im Klub- und Kontinentalfußball gegen das Leder. Die prominenteste Person, die im Stadtwald wohl jemals die Schuhe schnürte, war Pelé, der am 5. Juni 1963 zum Freundschaftsspiel mit dem FC Santos angetreten war und drei Tore zum 2:5 aus Sicht der SGE beisteuerte.
9. Kultur im Waldstadion
„Selten, dass man auf Gegentreffer stolz ist“, kondolierte das Eintracht Frankfurt Museum anlässlich Pelés Tod am 29. Dezember 2022. Das 2007 gegründete Museum als Zentrum und gleichzeitig Teil der Eintracht-Geschichte, die eng verwoben ist mit der des Stadions. Nun hat Kultur und Sportkultur nicht erst in den vergangenen Jahrzehnten Einzug gehalten, etwa auch in Form einer Vernissage bis Ende vergangenen Jahres. Schon Ende der 1920er Jahre standen für Künstler in der Haupttribüne Ateliers zur Verfügung, 1928 öffnete nordwestlich der Festwiese das Waldtheater, eine Freilichtbühne, die 1200 Zuschauern Platz bot.
Danach wechselte sich der Fußball mit anderen Sportarten, aber auch Popkonzerten ab. 1987 wurde der Evangelische Kirchentag zum großen Magneten. Darüber hinaus entwickelten sich die großen Freiluftkonzerte zu neuen Einnahmequellen. Beispielsweise heizten Supertramp 1983, Bruce Springsteen 1985 und 1988, Madonna 1987, Prince 1988, jeweils 1990 die Rolling Stones und Tina Turner den Musikfreunden ebenso ein wie später Marius Müller-Westernhagen, die Dire Straits, Bon Jovi und Michael Jackson, um nur einige zu nennen.
Die Zeugen Jehovas hielten hier große Kongresse ab, Popgrößen feierten mit ihren Fans rauschende Open-Air-Nächte. Die Rolling Stones, Genesis, Herbert Grönemeyer, Madonna, Bon Jovi, Depeche Mode, Comedians wie Mario Barth und Bülent Ceylan und auch die Ehrlich Brothers sorgten für tolle Stimmung.
800.000 Menschen bei 18 Konzerten im Jahr 2022 waren europaweit die meisten nach Wembley. Tendenz seither steigend, der Stadionsommer ist fester Bestandteil der Festspiele im Stadtwald.
10. Pannen im Waldstadion
Wer bald ein Jahrhundert auf dem Buckel hat, ist vor Fehlern wahrlich nicht gefeit, wie drei Beispiele zeigen; das erste aus der Popkultur. Madonna hatte im September 2008 für ein kurioses Novum gesorgt: Drei Tage nach ihrem Konzert musste das Punktspiel gegen den Karlsruher SC kurzfristig entfallen. Der neue Rollrasen war noch nicht angewachsen, die Schiedsrichter stuften die Verletzungsgefahr als zu hoch ein. „Es wäre ein Glücksspiel unter freiem Himmel geworden, und das ist in Deutschland verboten“, nahm’s Eintracht-Trainer Friedhelm Funkel mit Humor.
Dann die Wasserschlacht bei der WM 1974 in der Zwischenrunde gegen Polen, als die deutsche Mannschaft im entscheidenden Spiel in der zweiten Finalrunde den östlichen Nachbarn auf dem kaum bespielbaren Platz mit 1:0 besiegte. Entsprechend folgte 1978 die Installation einer Drainage plus Rasenheizung. Zu guter Letzt ging während des Endspiels um den Confed Cup 2005, das Brasilien mit 4:1 gegen Argentinien gewann, ein fürchterliches Gewitter über Frankfurt nieder. Eine der Waben des neuen verschließbaren Stadiondachs füllte sich so lange mit dem Regen, bis sich das Sicherheitsventil öffnete und ein riesiger Wasserschwall in der Nähe einer Eckfahne auf den Boden schoss. Planungsfehler, meckerten manche. Andere verwiesen darauf, dass in einem Stadion ohne Dach die Partie hätte abgebrochen werden müssen.
Die Geschichte des Waldstadions ging weiter. Am 21. Mai 2025 wird gefeiert!